Manchmal habe ich den Eindruck, dass das schwierigste Geheimnis für uns Christen nicht das der Dreifaltigkeit, sondern das der Inkarnation ist. Oft sind wir versucht zu glauben, dass Jesus sich nur in Tempeln, Kirchen oder in der Gesellschaft von Heiligen und Engeln finden lässt. Noch trauriger ist es, wenn wir versuchen, Jesus per Gesetz zu vorschreiben, wem er in den Sakramenten zu begegnen hat. Das Evangelium zeigt uns, dass er besonders die gescheiterten gesucht hat.
Besonders in dieser schwierigen Zeit der Pandemie wenn unsere Kirchen geschlossen bleiben, sollten wir jedoch zulassen, dass Jesus auch in unserem eigenen elenden Zuhause und Alltag anwesend ist. Wir ziehen es vor, eine Weile in der Kirche vor dem Tabernakel auf den Knien zu bleiben, und wenn wir einmal stehen, gehen wir unseren eigenen Weg, ohne zu denken, dass er in jedem Moment und in jeder Person, die wir treffen, an unserer Seite ist. Und das meint auch Inkarnation oder Menschwerdung Gottes…
Natürlich stört ein Gott, der im Tabernakel und in Kirchen eingesperrt ist, niemanden. Mit Jesus auf dem Berg in Gesellschaft von Heiligen und Engeln zu bleiben, kann schön sein. Das nervige für uns ist jedoch, dass er beschließt, vom Berg Tabor hinabzusteigen um in das Elend und Miserie der Menschen zu gehen. Und dort, inmitten all dieser Verwirrung und der stinkenden Menge, die auf seinen Füßen steht, könnte er uns mit diesem unerwarteten Ausruf überraschen: „Es ist gut, dass wir hier sind!“
Vikar Ioan Sandor